Felix Schoeller (47) wohnt in Zürich. Wir haben den Kaufmann zum Laufgespräch getroffen.
Felix, wie bist du zum Laufen gekommen?
Als ich vor ca. 5 Jahren aufgehört habe zu rauchen hatte ich in Folge dessen viel Energie und noch mehr Zeit zur Verfügung. Eine Freundin trainierte damals für den Berlin Marathon, sie nahm mich spontan auf ein paar Trainingsläufen mit. So habe ich Blut geleckt, es war wie eine Antwort auf all die Ungewissheit, was ich mit mir und meiner Zeit anfangen soll.
Was magst du am Laufen?
Eigentlich ist es der pure Luxus, während einiger Stunden in der Woche exklusiv nur mit mir zu sein, die Gedanken zu ordnen während Körper und Geist eins werden. Das Laufen fordert viel ab wie z.B. Durchhaltevermögen, mentale Stärke und Zeitaufwand aber es gibt mir so viel mehr zurück. Mehr als ich hier jemals aufzählen könnte.
Wie läufst du normalerweise (Dauer, Tempo)?
Die meisten Läufe sind Grundlagenläufe in der unteren Zone, das heisst langsam, locker und Herzfrequenz im unteren Bereich. Je nach Tagesverfassung sind das etwa 5:00 Minuten pro Kilometer, in der Regel während 10 bis 20 km. Wenn ich für einen Wettkampf trainiere, z.B. den nächsten Marathon, dann trainiere ich auch in der mittleren Zone (z.B. 10km in 4:30 Min/km) und oberen Zone (z.B. Intervall auf der Bahn: 1 Runde Höchsttempo und oberste Herzfrequenz, 1/2 Runde Erholungsphase und das 4-5x). Dafür erstelle ich mir immer einen 12 Wochen Trainingsplan, jede Woche wird dann in einer andere Zone trainiert.
Hast du eine Lieblingsrunde?
Meine absolute Lieblingstrecke ist an der Limmat entlang von Zürich Altstetten bis nach Dietikon und zurück. Immer in der selben Richtung (Hin in Fluss-Richtung, Retour gegen den Fluss). Die Strecke hat den Vorteil, dass es auf dieser Strecke fast alle 5 km die Möglichkeit gibt, über eine Brücke auf die andere Seite zu gelangen um den Rückweg einzuschlagen. Ausserdem ist das Streckenprofil flach und übersichtlich. Ich bin ein Gewohnheitstier und suche nur ab und zu eine neue Strecke.
Läufst du alleine oder mit Freunden?
Ich bin ein ‚Ego-Runner‘, bin gerne alleine unterwegs. Das hat den Vorteil ganz spontan loslaufen zu können ohne zuerst abmachen zu müssen und dass ich mich an kein Tempo anpassen muss. Wenn ich für einen Marathon die ganz langen Strecken trainiere, d.h. ab 20 – 30km, schliesse ich mich aber gerne einer Laufgruppe an, so kann ich der Monotonie ein Schnäppchen schlagen und mich bereits an das Läufer-Rudel eines Marathons gewöhnen.
Bist du Mitglied einer Laufvereinigung/Laufgruppe?
Ab und zu renne ich mit ‚City Running‚ und ‚Züri rännt‚, dort kann ich ohne Anmeldung oder fixer Mitgliedschaft mitmachen. So lerne ich Läufer kennen, das Miteinander motiviert ungemein. Diese Laufgruppen kann ich übrigens sehr empfehlen!
Hast du Vorbilder im Laufen?
Grundsätzlich bewundere ich jeden Elite-Läufer, der mit Hingabe und bis zum äussersten Limit sein Bestes gibt. Ganz persönlich verfolge ich die Lauf-Karriere von Christian Kreienbühl, er ist für mich ein Vorbild der trotz seiner Erfolge völlig bodenständig bleibt. Obwohl er auf einem für mich unereichbaren Niveau rennt, begegnet er dem Hobby-Läufer ohne Allüren, er gab mir auch schon Tips und Ratschläge bezüglich Training und Verletzungen. Auch Viktor Röthlin finde ich bewundernswert, weil er seine Leidenschaft weitergibt und jung und alt für den Laufsport begeistert hat (und weiterhin tut).
Wie organisierst du dein Training? Wie passt das Training in deinen Tagesablauf?
Um eine Routine aufrecht zu erhalten, versuche ich mindestens 2 Läufe unter der Woche zu machen (aber immer mit min. 1 Tag Erholung dazwischen) und jeweils am Samstag- und Sonntagmorgen. In der Jahreszeit, wo es abends früh dunkel wird, versuche ich, über Mittag zu laufen. Manchmal kommen geschäftliche Termine dazwischen, dann lasse ich eine Einheit aus oder mache ein Alternativtraining im Gym (Laufband, Crosstrainer, Rumpftraining, Krafttraining)
Misst du deine Läufe/Distanzen/Zeiten mit einer App oder GPS-Uhr? Und wenn ja, mit welchem Programm?
Jede noch so kleine Einheit tracke ich mit meiner Garmin Forerunner 620. So kann ich einerseits zurückgelegte Distanzen, Pace, Herzfrequenz und Zeiten verfolgen und vergleichen. Anderseits macht es mich schon auch stolz, wenn ich schwarz auf weiss sehe, dass ich während eines Jahres mehr als 2000 km zurückgelegt habe. Aps kommen für mich nicht in Frage da ich nie mit Smartphone renne.
Was ist deine Lieblings-Trainingseinheit?
Der 20km Lauf am Sonntagmorgen ist mein absoluter Favorit. Loszurennen wenn die ganze Stadt noch am Ausschlafen ist und dann völlig geschaft nach Hause zu kommen und noch den ganzen Tag vor sich zu haben – einfach grandios.
Was hat dir das Laufen gelehrt?
Mit mentaler Stärke kann ich jedes Ziel erreichen, d.h. der Glauben an etwas lässt es entstehen. Eine Einstellung, die ich mir auch im Alltag immer mehr zu Nutzen mache – oder es zumindest versuche.
Hörst du beim Laufen Musik? Wenn ja, was hörst du?
Bei Läufen die mehr als 2 Stunden dauern nehme ich oft den Ipod mit. Die Musik dient zum Auf-Powern und zur Ablenkung wenn mich die Monotonie des Laufens einholt. Oftmals verzichte ich aber absichtlich auf diese Ablenkung, dann konzentriere ich mich auf das Geräusch des Atmens oder jedes einzelnes Schrittes.
Auf meinem Ipod sind Alben von Killers, Bruce Springsteen, Chicane, Madonna, Depeche Mode, U2, Kings of Leon, 30 Seconds To Mars und hauptsächlich Rock/Pop-Bands aus den 80er Jahren die per Zufallsgenerator abgespielt werden.
Welches sind deine Ziele im Laufen? Gibt es z.B. einen bestimmten Lauf, den du mal machen möchtest oder eine Zeit die du erreichen willst?
Das einzige Ziel das ich mir stecke, ist pro Jahr ein Marathon zu laufen. Der nächste wird in Tokyo Ende Februar 2017 sein. Schön wäre es, wenn ich die Marathonzeit irgendwann auf 3:30 bringe, da bin ich aber noch etwas entfernt davon. Ansonsten möchte ich so viel Volksläufe (10km bis Halbmarathon) machen, wie es mir Spass macht. Längerfristig möchte ich nur eins: Das Glück und die Möglichkeit zu haben, bis ins hohe Alter den Laufsport ausüben zu können.